Nachruf auf Margareta Kreimer

Margareta Kreimer, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Karl Franzens-Universität Graz, ist im Juli 2021 an ihrem langjährigem Krebsleiden verstorben.

Aufgewachsen als Tochter einer Arbeiterfamilie am Land konnte Grete die Chancen der Bildungsexpansion nutzen und ihr Interesse für gesellschafts- und sozialpolitische Fragestellungen als Forschende und Lehrende umsetzen. Schon in ihrer Dissertation und ihrer Habilitation hat sich Margareta Kreimer mit den geschlechtsspezifischen Spaltungen am Arbeitsmarkt beschäftigt (Arbeitsteilung als Diskriminierungsmechanismus, 1999; Ökonomie der Geschlechterdifferenz. Zur Persistenz des Gender Gap, 2009). Die Verknüpfung von Erwerbsarbeit, Familienarbeit und Sozialpolitik hat sie in weiteren Publikationen mit sozialpolitischen Änderungen (Paradigmenwechsel in der Familienpolitik, 2011 mit Richard Sturn und Rudolf Dujmovits) und neueren Aspekten wie Intersektionalität (Auswirkungen von mehrfachen Diskriminierungen auf Berufsbiografien, 2014 mit Simone Philipp, Isabella Meier und Klaus Starl), Digitalisierung (Geschlechtersegregation im Kontext des Berufsbildungssystems und sich verändernder Arbeitswelten, 2019 mit Andrea Leitner und Mila Jonjic) oder Migration und  Mobilität (Intergenerational transmission of economic success in Austria with a focus on migration and gender, 2020 mit Daniel Reiter und Mario Thomas Palz) verknüpft. Ein zentraler Schwerpunkt war der Bereich der Care-Arbeit, als Erwerbsarbeit und im Privatbereich (Sauber, satt und still. Die Konzeption und Organisation von Pflege- und Betreuungsarbeit in Österreich (2012 mit Meier Isabella). Bis kurz vor ihrem Tod hat sie an Publikationen gearbeitet, um so lange wie möglich das zu tun, was ihr Freude gemacht hat.

Margareta Kreimer hat als Gründungsmitglied zum Aufbau des österreichischen Netzwerks feministischer Ökonom:innen beigetragen, sich in nationalen und internationalen Netzwerken wie ESPAnet (european Network for Social Policy Analysis) oder eben dem Ökonominnennetzwerk efas engagiert. Bei der efas-Jahrestagung 2020 hat sie zuletzt mit Barbara Hönig einen Beitrag über sozioökonomische Effekte der COVID-19-Pandemie im Vergleich von Care-Arbeit und Wissenschaft eingebracht. Als gefragte Vortragende und Trägerin des Käthe Leichter-Staatspreises für Frauen- und Geschlechterforschung hat sie viel Anerkennung für ihre Forschung gefunden. Von der Volkswirtschaftslehre wünschte sie sich oft mehr Interesse an feministischen Themenstellungen.

Publikationstitel wie Die Angehörigen wissen am besten was gut ist. Konzeptionen von Pflegebedürftigkeit und Pflegearbeit in der österreichischen Pflegepolitik (2012 mit Isabella Maier) oder Free to choose, free to lose: Macht, Diskriminierung und die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern (2018) vermitteln ihre dabei verfolgte Zielsetzung: feministisch- ökonomische Theorie mit alltagsweltlichen Beobachtungen und Erfahrungen in Verbindung zu bringen, damit Ungleichheitsmechanismen zu erklären und für politische Veränderungen zu arbeiten. Als Koordinationsbeauftragte hat sie im Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen der Universität Graz mitgewirkt, um Gleichstellung an der Universität zu fördern und strukturell zu verankern. Die Stärke von Margareta Kreimer war die Vermittlung komplexer Sachverhalte in verständlicher Art und Weise. Davon haben nicht nur ihre Studierenden profitiert, sondern sie hat dies auch in privaten Diskussionen eingebracht, leidenschaftlich und ohne Kompromisse ihre Ideen vertreten. Dies zeigt sich auch in Gretes zwei wunderbaren Töchtern, die diese gesellschaftskritische Sicht weiterbetreiben.

Es waren durchaus traditionelle Genderfragen, die Margareta Kreimer immer wieder mit neuen Facetten zur Diskussion gestellt hat, um mit dem wiederholten Aufzeigen von Ungleichheiten kleine Schritte in Richtung Gleichstellung zu bewirken. Dabei hat sie nicht nur gesellschaftliche und politische Umstände hinterfragt, sondern auch wie sehr wir selbst immer wieder in Genderfallen tappen. Das tat sie analytisch, persönlich und oft auch humorvoll. Margareta Kreimer hat uns viele lesenswerte Publikationen hinterlassen, die die Persistenzen von Gender Gaps offenlegen, aber auch Lösungsansätze für mehr Gleichstellung bieten.

Andrea Leitner, Institut für höhere Studien, Wien

Nachruf auf Gertraude Krell

Gertraude Krell, ehemals Professorin für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Personalpolitik an der Freien Universität Berlin und Gründungsmitglied von efas, ist Anfang diesen Jahres ihrem langjährigen Krebsleiden erlegen.

Aufgewachsen im hessischen Groß-Bieberau hat Gertraude Krell in den 1970er Jahren an der Freien Universität Berlin Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre studiert.

Nach Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Assistentin an der Universität Oldenburg nahm sie im Jahr 1991 den Ruf an die Freie Universität Berlin an. Zu ihrem wichtigsten Forschungsschwerpunkt zählte das Thema Gender und Diversity. So verfasste sie zum Beispiel ihre Dissertation über „Das Bild der Frau in der Arbeitswissenschaft“ (1984), und sie war (Mit-)Herausgeberin der Bände „Frauenerwerbsarbeit: Forschungen zu Geschichte und Gegenwart“ (1993), „Personalpolitik aus der Sicht von Frauen – Frauen aus der Sicht der Personalpolitik“ (1993) und „Betriebswirtschaftslehre und Gender Studies“ (2005). Für ihr Groß-Projekt und Standardwerk „Chancengleichheit durch Personalpolitik“ wurde sie im Jahr 2003 mit dem Margherita-von-Brentano-Preis der Freien Universität Berlin ausgezeichnet.

Gertraude Krell hat nicht nur maßgeblich zur Etablierung von Gender und Diversity als Forschungsgebiet in der Betriebswirtschaftslehre beigetragen, sondern sie hatte stets engen Kontakt mit einer Vielzahl von gleichstellungspolitischen Praktiker_innen in Betrieben, öffentlichen Institutionen, Gewerkschaften und der Politik. In der efas-AG war sie noch im vergangenen Jahr aktiv. Dort hat sie sich wie keine andere stets sowohl für den Zusammenhalt der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen „im Dienste“ der Chancengleichheit von Frauen und Männern eingesetzt wie auch die Theorien und Perspektiven der einzelnen Disziplinen kritisch reflektiert. Die spezielle Mischung aus ihrem geschlechterpolitischen Kampfgeist und ihrem unbeirrbaren Kritikvermögen wird uns fehlen.

Renate Ortlieb, Karl-Franzens-Universität Graz

Nachruf auf Birgit Soete

Birgit SorteBirgit Soete starb am 28. November 2015, nur kurze Zeit nach der letzten efas-Jahrestagung, an der sie zu ihrem großen Bedauern wegen ihrer fortschreitenden Krankheit nicht mehr teilnehmen konnte. Wie viele der Gründungsmitglieder von efas kannte ich Birgit seit Mitte der 1990er Jahre, aus ihrer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Freien Universität Berlin. Aus der Konkurrenz um ein Fachbuch der feministischen Ökonomie (es gab nur ein Exemplar davon in der FU-Bibliothek!) wurde letztendlich eine gemeinsam organisierte Ringvorlesung, ein Sammelband und ein wissenschaftlicher Artikel – in allem ging es um die Bedeutung des Geschlechts in der Ökonomie. »