Tagungsbericht efas Jahrestagung 2024
Am 6.12.2024 fand anlässlich des 25-jährigen Jubiläums von efas die 22. efas Fachtagung mit dem Titel „25 Jahre efas: Stand und Perspektiven feministischer Ökonomie“ an der HTW Berlin statt. Eröffnet wurde die Tagung durch Grußworte der Präsidentin der HTW Berlin, Prof. Dr. Annabella Rauscher-Scheibe. Mit 50 Teilnehmenden und 10 Referierenden war die Tagung ein voller Erfolg.
In ihrem Begrüßungsvortrag blickte Prof. Dr. Friederike Meier (efas) auf die Geschichte des efas-Netzwerks zurück, das 2000 gegründet wurde. Aus einer kleinen Arbeitsgruppe entstand ein Forschungsprojekt zum Frauenanteil in den Wirtschaftswissenschaften. Daraus erwuchs ein bis heute arbeitendes Netzwerk zur Förderung von weiblichen Wissenschaftlerinnen und von Geschlechterforschung und en Wirtschaftswissenschaften. Im Rückblick auf gut zwei Jahrzehnte efas konstatierte Friederike Meier, dass efas zu einer nachhaltigen Verankerung der Geschlechterperspektive in den Wirtschaftswissenschaften beigetragen habe. In ihrem Vortrag betonte sie die Offenheit des Netzwerks hinsichtlich verschiedener feministischer Strömungen und ökonomischen Paradigmen, sowie das erbrachte ehrenamtliche Engagement zahlreicher Akteurinnen, wobei auch an verstorbene Mitstreiter*innen erinnert wurde.
Die Keynote hielt Prof. Dr. Dorothea Schmidt (Harriet-Taylor-Mill-Institut der HWR Berlin) mit dem Titel: Fortschritt, Stillstand, Rückschritt – Gender Matters? Sie sprach über das Verhältnis von Erwerbsarbeit und unbezahlter Haus- und Familienarbeit und wie sich die wirtschaftswissenschaftliche Sicht hierauf über die Jahre verändert hat.
Nach einer gemeinsamen Kaffeepause sprach Prof. Dr. Renate Ortlieb (Karl-Franzens-Universität Graz & efas) über feministische Ansätze in der BWL und die Erfolge und Rückschläge bei deren Verankerung. Sie präsentierte anhand von Titeln feministischer Beiträge zu Tagungen und Zeitschriften die positive Entwicklung und das zunehmende wissenschaftliche Interesse an der Thematik und betonte gleichzeitig, dass die feministische Ökonomie eine „kleine Welt“ sei. Die Verankerung durch Professuren und Lehrgebiete müssten immer wieder neu errungen werden und es seien Rückschläge zu verzeichnen. Die Kombination von Diversity und feministischer Ökonomie sieht Ortlieb als ambivalent. Ihr Fazit: Dranbleiben!
Darauf folgte eine kritische Bilanz der Verankerung vielfältiger feministischer Ökonomie in der VWL durch Daniel Witzani-Haim und Eva Six von der Arbeiterkammer Wien. Sie gaben anhand ihrer Publikationen einen Einblick in die Vielfalt der Themen und Ansätze innerhalb der feministischen Ökonomie. Dabei unterstrichen sie die Bedeutung von analytischer Vielfalt und intersektionalen Perspektiven und stellten zum Schluss die Frage in den Raum, was die feministische Ökonomie heute braucht. Ihre Antwort: Professuren für feministische Ökonomie, mehr Daten über Zeitverwendung, die Weiterentwicklung von Gender Budgeting in Verwaltung und Politik und schließlich die Einbindung feministischer Perspektiven in die Wirtschaftspolitik!
Leider musste der Vortrag zur Situation von Frauen im Fach Ökonomie von Prof. Dr. Doris Weichselbaumer (Universität Linz) krankheitsbeding ausfallen.
In einem Wrap-up des Vormittags fasste Prof. Dr. Mechthild Schrooten (Hochschule Bremen) die aktuellen Herausforderungen für die feministische Ökonomie zusammen. Sie unterstrich erstens die Wichtigkeit der Analyse von Machtverhältnissen und verwies auf die Macht der Eigentumsrechte, Finanzmärkte und Vermögensrechte. Zweitens seien die Quantifizierung von Indikatoren und der Praxisbezug wichtig, um das Kommunikationsmittel „Geld“ und deren Macht zu begreifen. Dafür müsse international und vernetzt gedacht werden. Drittens müsse zu diesem Thema Lehre und Forschung ausgebaut werden. Außerdem betonte sie, dass das Thema Diversity in diesem Kontext nicht mit Feminismus verwechselt oder gar feministische Ansätze vom Diversity-Paradigma verdrängt werden dürfen. Die anschließende Diskussion wurde von Prof. Dr. Friederike Meier moderiert.
Nach der Mittagspause, gefüllt mit anregenden Gesprächen und Austausch, fand das efas-Forschungsforum statt, bei dem die Nominierten für den efas-Nachwuchsförderpreis 2024 ihre Arbeiten vorstellten. Zuerst sprach Dr. Lisa de Vries (Universität Bielefeld) zu den Effekten von Diskriminierung bei Berufspräferenzen und Leitungspositionen von LGBTQ* Personen. In ihrer Studie wurden zum einen unterschiedliche Jobpräferenzen von LGBTQ* Personen mittels eines vergleichenden Surveys erhoben, wobei Faktoren wie ein gutes Arbeitsklima schwerer ins Gewicht fallen, als z.B. Aufstiegschancen. Zum anderen wurde der Einfluss von sexueller Orientierung auf den Zugang zu Führungspositionen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen die lesbisch oder bisexuell sind, verstärkt Zugang zu Führungspositionen haben, und schwule und bisexuelle Männer dafür weniger. Referenzkategorie waren jeweils heterosexuelle Personen desselben Geschlechts. Erschwert wird eine vertiefende Forschung zu dieser Thematik durch die mangelhafte Datenlage zu sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität im Erwerbsarbeitskontext.
Maya Heins (Goethe Universität Frankfurt) schloss mit der Vorstellung ihrer Masterarbeit an, in der sie eine feministische, polit-ökonomischen Analyse von Alternative Food Networks in Katalonien im Kontext des Klimawandels durchgeführt hat. Dabei wurden fünf Interviews ausgewertet, die darauf hindeuten, dass Frauen in der ökologischen Landwirtschaft präsenter sind und hier über mehr Wissen verfügen als Männer.
Im Anschluss fand die feierliche Preisverleihung an Tina Wang (Freie Universität Berlin) statt. Sie stellte ihre ausgezeichnete Bachelorarbeit vor, bei der es um Bildungsungleichheit im Zusammenhang mit der Einführung des Geburtsrechts bei der deutschen Staatsbürgerschaft ging. Die Haupterkenntnis der Arbeit liegt darin, dass sich die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1999 weg vom Abstammungsprinzip hin zum Geburtsortprinzip positiv auf die Gymnasialbildung von Menschen mit Migrationshintergrund ausgewirkt habe. Heterogene Effekte lassen sich nach Geschlecht und kultureller Herkunft finden, wobei die Effekte für Jungen stärker sind als für Mädchen und die muslimische Herkunft (im Gegensatz zu kulturellen Kontexten) für Mädchen einen positiven Effekt mit sich bringt.
Moderiert wurde die Preisverleihung durch Josephine Schmidt (efas), die Laudatio hielt Dr. Christine Rudolf (efas).
Auf die zweite Kaffeepause folgte eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Gemeinsam(e) Ziele verfolgen – Netzwerke feministischer Ökonomie im Gespräch“, zu der zahlreiche Vertreter*innen verschiedener Netzwerke eingeladen waren. Hanna Völkle (HWR Berlin) moderierte die Diskussion. Einhellig wurde die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen den Netzwerken betont. Ebenso wurde die Notwendigkeit von Nachwuchsförderung in den bestehenden feministisch-ökonomischen Netzwerken unterstrichen, um diese zu erhalten und ihre Themen weiter voran zu bringen.
(Bericht von Rosa Weaver)
Begrüßung durch Friederike Meier
Beitrag von Ulrike Knobloch
Vortrag von Exa Six und Daniel Witzani-Haim
Bei der Podiumsdikussion
Zum efas Nachwuchsförderpreis
Preisverleihung an Tina Wang